“Erst müssen alle Schulen barrierefrei sein”

Barrierefreie Schulen sind ein wichtiges Ziel. Aber zu sagen “Erst müssen alle Schulen barrierefrei sein, bevor wir loslegen können” verzögert den inklusiven Prozess.

Es ist richtig, dass viele Schulen nicht barrierefrei sind und dennoch wird dieses Argument als Todschlagargument verwendet, Inklusion nicht umsetzen zu können. Sicher sind viele Schulen nicht barrierefrei, aber nur ein Bruchteil der Schülerinnen/Schüler mit Behinderung bzw. sonderpädagogischem Förderbedarf ist auf einen Rollstuhl oder Walker angewiesen (Siehe auch: Die Schulen sind nicht ausgestattet für Kinder mit Behinderung).

Nach den Ausführungen von Prof. Jutta Schöler “kann man davon ausgehen, dass gegenwärtig an den Schulen für Jugendliche mit körperlichen Beeinträchtigungen nur ca. ein Drittel auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Dies bedeutet, dass -statistisch gesehen- nur jede 50. Klasse für Rolstuhlfahrer zugänglich sein müsste. Unabhängig davon ist es natürlich sinnvoll und notwenidg, bei allen Neubauten und Grundrenovierungen die Vorschriften für barrierefreies Bauen zu beachten” (Jutta Schöer 2011, in: Auf dem Weg zur inklusiven Schule – Schulleitung-Praxisbegleiter für die Schulleitung Grundwerk Inklusion, S.2).

Oft wird bei Umbauten auch nicht nachgedacht. Dabei bezieht sich Barrierefreiheit nicht nur auf die Zugänglichkeit, sondern auch auf leicht verständliche Sprache, auf die barreirefreie Nutzung von Medien und Geräten oder auf gute Orientierungsmöglichkeiten (bspw. durch Bilder). Gerade an Grundschulen mit Lesenlern-Anfängern profitieren vielen von Bildern. Im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention sollten alle Schulen Barrierefreiheit nach dem Prinzip “Universal-Design” bzw. “Design for All” aufweisen. Auch Eltern und schulische Fachkräfte müssen sich barrierefrei fortbewegen können, wenn sie bspw. einen Rollstuhl benutzen.

Wenn ein Kind im Rollstuhl die wohnortnahe inklusive Schule besuchen möchte und diese Schule sowie weitere Regelschulen im Umfeld nicht barrierefrei sind, so wir dem Recht auf inklusive Beschulung widersprochen. Es ist kaum nachvollziehbar, dass ein Schulträger einen Schüler im Rollstuhl wegen der fehlenden Ausstattung und wegen Brandschutzbestimmungen ablehnt (siehe Luka, das Recht auf Inklusion SOvD TV). Hier fehlt die Bereitschaft die Schule so auszstatten, dass Brandschutz und Barrierefreiheit gegeben sind.

Beispiele zu Zeiten der integrativen Schulversuche (70er und 80er Jahre) zeigen, dass der Gemeinsame Unterricht mehr war als der Fokus auf Barrierfreiheit. Eltern, Pädagoginnen/Pädagogen und Mitschüler/-innen traten engagiert für die Idee der inklusiven Bildung auf und liessen sich von Barrieren nicht abhalten. Das ging so weit, dass Schüler im Rollstuhl jeden Tag in die Klasse getragen wurden, da ein Fahrstuhl noch fehlte. Dieses Engagement zeigt, dass vor allem die Haltung und der Wunsch inklusive Bildung umzusetzen, entscheidend ist. Ein “Hinauftragen” ist nicht angestrebt und auch keine dauerhafte Lösung, jedoch zeigt dieses Beispiel, dass sich Menschen von Hürden manchmal nicht abhalten lassen, wenn sie ein Menschenrecht wirklich umsetzen wollen. Im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention ist es notwendig die Schulen barrierefrei umzubauen. Denn Schulen sind Orte vieler Menschen. Die Großmutter im Rollator will die Schultheateraufführung ihres Enkels besuchen. Der Lehrer im Rollstuhl will uneingeschränkt seiner Arbeit nachgehen. Das Kind mit Gehbehinderung will gemeinsam mit den Klassenkameraden im Kunstraum im 3. Stock malen und basteln.

Es ist nicht hinnehmbar, dass Schulen nicht barreirefrei sind. Weil der Zustand aktell aber so ist, dass nicht überall Barrierefreiheit gegeben ist, müssen pragmatische Zwischenlösungen gefunden werden, um das Recht auf inklusive Bildung sicherzustellen. Manche Schulen finden Wege, um mobilitätseingeschränkten Menschen den Shuclbesuch zu ermöglichen. Zum Beispiel wurde das Klassenzimmer ins Erdgeschoss verlegt. Warum diese Lösungen an manchen Schulen nicht verfolgt werden, lässt an den Willen der Schule zur Inklusion manchmal zweifeln. Hier ist vor allem die Politik in der Pflicht, Barrierefreiheit umzusetzen. 

Quellen:

Schöler, Jutta: Raum für alle – Räume in der inklusiven Schule gestalten. In: Auf dem Weg zur Inklusion – Praxisbegleiter für die Schulleitung. Stuttgart: Raabe 2011 (IIA 1., Grundwerk).

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