„Mund abputzen – weitermachen“ – dieses bekannte Zitat stammt von Oliver Kahn. Nach einem verlorenen Fußballspiel macht er die Blickrichtung trotz Verluste deutlich: Nach vorne schauen, optimistisch sein und einfach weiter machen. Diese Gelassenheit und Zuversicht kann unterstützend wirken, wenn mal wieder Vorurteile und Falschaussagen die Inklusionsdebatte prägen. Viele Praktikerinnen/Praktiker, Aktivistinnen/Aktivisten, Politikerinnen/Politiker und vor allem Eltern von Kindern mit und ohne Behinderung gehen engagiert in den Dialog. Sie hören nicht weg, wenn gesagt wird „Deutschland baut ein gut funktionierendes Förderschulwesen ab“, weil sie wissen, dass das Förderschulwesen eben nicht funktioniert. Alle dazu durchgeführten Studien und auch die Praxis zeigen, dass der Lernerfolg an Förderschulen viel geringer ist als an inklusiven Schulen, dass der Großteil der Förderschulbesucher keinen Schulabschluss erreicht und dass das Selbstkonzept der Förderschulbesucher leidet (siehe hier).
Viele schalten nicht ab, wenn im Fernsehen gesagt wird, dass die nichtbehinderten Kinder durch den gemeinsamen Unterricht benachteiligt werden würden, weil sie wissen, dass
Kinder im Gemeinsamen Unterricht keine schlechteren, teilweise sogar bessere Ergebnisse erzielen (siehe hier). Viele schreiben Lesermeinungen oder Kommentare, wenn in Zeitungen geschrieben steht, dass Inklusion eine Illusion sei oder eben nur bei diesen und jenen Kindern „funktioniere“, weil sie wisen, dass Inklusion nicht nach Schweregraden der Behinderung unterteilt und inklusive Bildung für viele längst Realität ist.
„Inklusion ist keine Illusion, die man ignorieren kann,
sondern eine demokratische Grundhaltung, die erlebbar gemacht werden muss” (Lisa Reimann).
Im Jahr 2014 wissen wir längst, wie nachteilig sich die Sonderbeschulung auf den Lern- und Lebensweg der Kinder auswirkt. Die getrennten Sonderwelten führen zu Stigmatisierungsprozessen der Förderschülerinnen/Förderschüler, die durch die geringe Bildungsqualifikation und die soziale Separation wenig Möglichkeiten haben in der Gesellschaft, im Arbeitsleben, im Wohnbereich und in der Freizeit teilzuhaben. Nichtbehinderte Menschen nehmen Behinderung als etwas „Fremdes“ und „Andersartiges“ wahr, weil sie durch die Trennung wenig Kontaktmöglichkeiten haben und produzieren so erst recht Vorurteile und Skepsis gegenüber inklusiven Settings. Sie kennen es einfach nicht anders. Letztendlich ist unser „hochdifferenziertes“ und flächendeckendes Förderschulwesen das was es ist: Chancenungleichheit im Bildungswesen. Deswegen ist es so wichtig sich nach vorurteilhaften Sprüchen und frustrierenden Diskussionen zu sagen: „Mund abputzen – weitermachen“.
Inklusionsfakten will die Fähigkeit Dialoge über inklusive Bildung zu initiieren und fortzuführen stärken. Denn Einmischen zeigt, dass plumpe Falschaussagen mit gesichertem Faktenwissen widerlegt werden können. Gegenargumente nehmen den Skeptikern und Widersachern den ohnehin schwachen argumentativen Wind aus den Segeln. Häufige vorurteilhaften Aussagen wurden auf Inklusionsfakten zusammen getragen. Die Gegenargumente helfen Sprachlosigkeit zu überwinden und gut gerüstet in den Dialog zu gehen. Deshalb wurden hier häufige Vorurteile gesammelt. Vorurteilhaften Aussagen auf einen Blick – Faktenwissen und Widerlegungen mit einem Klick:
“Inklusion ist Sozialromantik”
„Inklusion ist Gleichmacherei“
“Die Inklusions-Debatte wird ideologisch geführt”
„Inklusion ist eine Belastung, gerade bei Kindern mit ‘Verhaltensauffälligkeiten’und Inklusion hat Grenzen“
“Schüler/Schülerinnen mit Behinderung lernen besser an einer Förderschule”
(Weitere Vorurteile und Gegenargumente befindetn sich auf der Startseite).
Allerdings lassen sich Vorurteile nicht einfach ablegen. Das Problem ist: Vorurteile haben eine enorm psychische Funktion. Durch Faktenwissen und empirische Befunde allein lassen sich Menschen mit starken Vorurteilen kaum überzeugen. Denn bewusst oder unbewusst kompensieren Vorurteile Minderwertigkeitsgefühle, Ängste oder Unbehagen (mehr zu Thema Vorurteile siehe hier). Wenn sich Menschen selbst durch gesichertes Faktenwissen, durch wissenschaftlich durchgeführte Studien oder durch menschenrechtsbasierte Grundsätze nicht überzeugen lassen und Inklusion weiterhin für „ideologisch-gequirlte Scheiße“ halten, dann hilft wohl nur noch „Mund abputzen – weitermachen“ und sich von solchen Aussagen nicht entmutigen lassen. Ihr macht das schon gut so und setzt euch für inklusive Bildung ein. Und das oft trotz mangelnder Ressourcen und wackeliger Rahmenbedingungen. Weil ihr inklusive Bildung für richtig haltet. Weil inklusive Bildung der Schlüssel zu einer inklusiven, vorurteilsbewussten und toleranten Gesellschaft ist. Weil Inklusion gelingt, wenn alle mitmachen.
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