Spielen, Spielen, Spielen

Der Slogan “Freies Spiel für ALLE” sollte öfter gelebt und auch in der Schule, nicht nur in den Pausen, umgesetzt werden. Damit alle Kinder gleichermaßen spielen können, braucht es manchmal Spielideen und Spielmaterialien, die so gestaltet sind, dass alle sie nutzen können. Verschiedene Händler/innen (siehe Ende des Textes) bieten Spielmaterial an, das den verschiedenen Ansprüchen gerecht wird und von Kindern mit und ohne Behinderung bespielt werden kann.

Spielen ist die Hauptaufgabe von Kindern. Spielen macht Freude, entspannt, bietet Raum um Handlungen zu imitieren, zu erproben und um kreativ zu sein. Manchmal sind Spiele pädagogisch initiiert, meistens ist das Spiel hoffentlich frei von erwachsenen direkten Einflüssen. Gespielt werden kann eigentlich überall und mit allem. Löffel werden zu Menschen, Kastanien repräsentieren Bonbons und Pfannen und Töpfe geben spannende Musikinstrumente ab. Nicht immer muss Spielzeug angeschafft werden. Im Haushalt oder in der Natur lassen sich Spielmaterialien finden. Spielzeug kann auch gut selbst gemacht werden.

Kinder haben verschiende Fähigkeiten und Interessen. Und je nach Tagesform, Stimmung, Alter und je nachdem, was das Kind gerade so beschäftigt, kann ein bestimmtes Spielzeug interessant sein. Spielen erfüllt Bedürfnisse und hat unterschiedliche Funktionen. Beim Spielen werden die Sinne erprobt, es können soziale Rollen und Situationen erlebt werden und Spielen kann helfen Gefühle zu regulieren. Im Spiel kann den Bedürfnissen nach Abenteuer, nach Konfliktlösung, nach “Eigenregie” nachgegeangen werden. Ob beim Konstruktionsspiel, Sortierspiel, Figurenspiel, Rollenspiel, Spielen mit Sinnen, Kooperationsspiel usw. – Spielen soll vor allem eins machen: Spass. Dafür ist eine Umgebung, in der sich Kinder wohl und sicher fühlen wichtig. Kinder, die Angst verspüren, spielen nicht.

Schulen und Nachmittagsbetreuungen sollten verschiedene Spiel- und Lernmaterialien bereit halten, die den unterschiedlichen Bedürfnissen (und Lerntypen) der Kinder gerecht werden. Ein Schaukelbrett regt verschiedene Wahrnehmungsbereiche an und wird von Kindern mit und ohne Behinderungen gleichermaßen gerne benutzt. Um Inklusion zu leben, sollten keine “speziellen” Räume und Spielmaterialien (ausgenommen persönliche Hilfsmittel und persönliche Lerngegenstände) “ausschließlich” für Kinder mit Behinderungen angeboten werden. Sonst kann der Kreisel, der zur Förderung eines bestimmten Kindes angeschafft wurde,  schnell zum “Behindertenspielzeug” werden, was Ausgrenzungsprozesse begünstigen kann.

An einer gemeinsamen Stunde im Snoezzelenraum profitieren Kinder mit und ohne Behinderungen (übriges weisen die Erfinder des Snoezzelns ausdrücklich daraufhin, dass Snoezzeln eine Freizeitbeschäftigung und keine Therapie sein sollte). Auch ein ausrangierter alter Kinderrollstuhl kann zum Spielgerät werden und nebenbei erfahren die Nutzer/innen welches Geschick es braucht, sich darin zu bewegen. Das Berühren von Sand, das Greifen und Kneifen der Knete, das Klingen der Glöckchen, das Spielen mit den Holztieren usw. sollte allen Kindern ermöglicht werden, wenn sie es möchten.

Manchmal brauchen Kinder Spiel- und Lernmaterialien, die nicht überfordern und einfach sowie übersichtlich gestaltet sind. Manche Kinder und Jugendliche mit basalen Lernbedürfnissen (so genannter “schwerer Mehrfachbehinderung) mögen Greiflinge oder Spielzeuge, die die Sinne anregen, ohne dass diese Spielsachen wie Babysielzeug aussehen.

Manche Kinder lieben goldene Knisterfolie, anderen wird schlecht davon. Manche Kinder können die Hände nicht oder wenig bewegen und benötigen Spiele, bei denen sie mehr selbst bestimmen können. Manche Kinder spielen ungern in großer Runde, andere lieben Gesellschaftsspiele. Manche Kinder hören oder sehen schlecht oder gar nicht und brauchen Spiele, bei denen andere Sinne gefordert sind. Gruppenspiele kann man oft schnell und pragamtisch so abändern, dass alle die gleichen Bedingungen haben. Für andere Spiele, bspw. Computerspiele, braucht es umfangreiche Umbauarbeiten, damit ein Kind, das seine Hände nicht bewegen kann und Knöpfe mit Hilfe der Augen steuert, gleichberechtigt benutzt werden kann. Und manchmal müssen Spiele einfach größer und robuster sein. So kleine Mensch-ärgere-dich-nicht-Figuren erfordern eine präzise Auge-Hand-Koordination und den Pinzettengriff. Zehnmal so große Figuren aus Holz mit einem riesigen Brett und Würfel können zum gleichberechtigten Spielen beitragen und sind nicht in jedem Spieleladen zu finden.

Manchmal werden bestimmte Spiele als Therapiematerial benutzt und umgekehrt. Gerade Kinder mit Behinderungen werden durch die durchaus wichtigen Therapien häufig mit dem “Nicht-Können” konfrontiert (“nicht richtig gehen”-Physiotherapie, “nicht richtig schreiben”-Ergotherapie, “nicht richtig sprechen”-Logopädie), für sie ist das freie ungeleitete Spiel besonders wichtig.

Viele Händler/innen bieten spezielle Spielmaterialien für Menschen mit Behinderungen an. Es ist gut, dass es sie gibt, doch der ständige Fokus auf “besondere Menschen”, “Sonderbedarf” und “Spezialspielzeug” wirkt eher separierend als inklusiv. Menschen mit Behinderungen werden so erst recht “anders” gemacht (Othering). Und wer weiss, wer in der Praxis das Spielgerät so alles benutzt, wenn es erst von allen benutzt werden darf.

Oft steht der Fördercharakter im Vordergrund und so richten sich auch viele Händler/innen an Fachpersonal wie Sonderpädagoginnen und Therapeuten. Manche als Spiel “getarnte” Förderansätze sind auch sehr umstritten und der eigentliche Spielcharakter ist nicht mehr wahrnehmbar. Das spielerische Fördern ist wichtig und dennoch sollte der Slogan “Freies Spielen für Alle” nicht vergessen werden.

Spiel- und Lernmaterialien (auch Hilfsmittel) für Kinder mit und ohne Behinderungen zum Anschaffen, Abgucken und Nachbauen sowie zum Selbermachen gibt es zum Beispiel hier:

Sinnvoll geschenkt (“Spielzeug, das individuell für die Ansprüche verschiedener Einschränkungen gefertigt wurde“): https://www.sinnvoll-geschenkt.de/Spielen

Ludothek Berlin (“Unser Spielzeugfundus besteht aus einer Fülle spezieller, interessanter und wertvoller Spielzeuge, die zum Teil in internationalen Kreativitätsworkshops entwickelt wurden.“) http://www.spielmittel.de/spielen/ludothek-familienzentrum

Wehrfritz (“Wehrfritz stattet Krippen, Kindergärten, Horte, Schulen und Heime aus und im Bereich “miteinander leben” auch Einrichtungen für pflegebedürftige oder behinderte Menschen.“) https://wehrfritz.com/de_DE/?zg=ueber_wehrfritz

Wunderwerkstatt (“Wir möchten allen interessierten Eltern Zugang zu Ideen und einfachen Mitteln bieten, wie sie für ihre Kinder eine begeisternde, entwicklungsgerechte Umgebung schaffen können, die Selbstvertrauen, Kreativität und Eigenständigkeit fördert.”). Zum Selbermachen (u.a. nach Montessori): http://wunderwerkstatt.eu/index.php

Ariadne (bietet vor allem Hilfsmittel, Möbel und Materialien zur Wahrnehmung, zum Beispiel Klang-Puzzles, aber auch Riesen-Spiele an): http://www.ariadne.de/

Land of toys (“Auch wir waren auf der ständigen Suche nach geeignetem Spiel- und Fördermaterial. Dabei erlebten wir wie schwierig es ist wertvolles Spiel-, und Fördermaterial zu finden. Überhöhte Preise, unzumutbare Mindestbestellmengen, schlechte Beratung, etc. waren an der Tagesordnung…”): http://landoftoys.net/

Ringelfee (“Sie finden bei Ringelfee therapeutische sowie pädagogische Spielwaren für Kinder und Erwachsene mit Behinderung, genau so unkompliziert, wie klassische Spielzeuge und Geschenkideen für die ganze Familie. Bei uns kann jeder – “egal ob mit oder ohne Handicap” – schnell das Richtige finden“): https://ringelfee.de/

Der Riedel (“Unser Thema sind An­gebote zur Be­schäftigung und zur Be­treuung; zur Akti­vierung und Mo­bi­li­sierung für Körper, Geist, Seele und Sinne. Angebote für Menschen mit ein­geschränkten Fähig­keiten, mit ein­geschränkten Sinnen zur Be­reicherung Ihres All­tages. Natürlich dürfen die anderen das auch nutzen. Im Vorder­grund steht bei uns jedoch die Teil­habe des Menschen an der Um­ge­bung und den Mit­menschen. Dazu bieten wir Snoezel­räume, Hilfs­mittel Spiele und vieles mehr. Neutral und seriös, sodaß der junge Mensch mit Handi­kap und der ältere Mensch mit alters­be­dingten Aus­fall­er­schei­nungen es auch nutzen können. Nicht nur eine Minder­heit. Das be­trachten wir als unseren Auf­trag“): http://www.der-riedel.de/shop/

Zum Weiterlesen:

Ein weiteres wichtiges Thema für den Inklusionsprozess ist die Vielfalt in den Spielmaterialien. Kommen Vielfaltsaspekte wie Behinderungen, Hautfarbe, Geschlechterrollen usw. nicht in den Spielmaterialien vor, lernen die Kinder, dass nur die vorhandenen Merkmale (weiss, hetero, nichtbehindert usw.) wichtig, erwünscht und mächtig sind. Die KiDs Broschüre “FAIR PLAY! VIELFALT IN SPIELMATERIALIEN – Anregungen für eine diskriminierungssensible Praxis”  behandelt Vielfalt in Spielmaterialien aus einer vorurteilsbewussten und diskriminierungssensiblen Perspektive.

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