Guten Morgen, wer hat da die letzten 40 Jahre bildungspolitisch verschlafen? Seit 1975 gibt es Konzepte in Deutschland, die zeigen, wie Gemeinsamer Unterricht umgesetzt werden kann. Diverse Schulversuche wurden wissenschaftlich begleitet und ausgewertet. Diverse Forscherinnen und Forscher haben den Lernfortschritt von Kindern mit und Kindern ohne Behinderung im Gemeinsamen Untericht untersucht. Diverse Bücher sind geschrieben worden, die die Untersuchungsergebnisse erläutern (Siehe: Irene Demmer-Dieckmann: Forschungsergebnisse zum Gemeinsamen Unterricht und Von der integrativen zur inklusiven Bildung
Internationaler Stand und Konsequenzen für die sonderpädagogische Förderung in Deutschland). Während die Wirksamkeit vom Gemeinsamen Unterricht zahlreich wissenschaftlich belegt wurde, existiert nicht eine repräsentative Studie, die die Wirksamkeit von Förderschulen belegt. Hier fragt keiner nach wissenschaftlichen Studien. Dieses Argument “Wir brauchen erst wissenschaftliche Ergebnisse” wird oft verwendet, um inklusive Prozesse auf die lange Bank zu schieben.
Nicht vergssen werden darf, dass der Inklusionsdebatte eine jahrzehntelange Integrationsdebatte voraus ging – wobei der Kern dieser Debatten der selbe ist. Nach wie vor geht es um gleichberechtigte Teilhabe und Bildungsgerechtigkeit. Engagierte Pädagoginnen/Pädagogen, Professorinnen/Professoren, Eltern und andere setzten sich für die schulische Integration von Kindern mit Behinderung seit den 70er Jahren ein. Die ersten Schulversuche wurden wissenschaftlich evaluiert und Rahmenbedingungen für den Gemeinsamen Unterricht empirisch untersucht. Teilweise mussten die engagierte Integrationsbefürworter massive Anfeindungen in Kauf nehmen, da weder gesellschftlich noch schulpolitisch noch im Fachbereich Sonderpädagogik ein Weg abseits von Sonderinsitutionen für Menschen mit Behinderungen gewollt war.
Neben den Integrationsbemühungen in der Praxis entwickelten sich auch theoretische Auseinandersetzungen zum Thema schulische Integration von Kindern mit Behinderungen, die Anstöße für die Praxis gaben.
Ein Kommentar
Schon 1973 (!!!) empfahl der Deutsche Bildungsrat für die pädagogische Förderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder und Jugendlicher “ein flexibles System von Fördermaßnahmen, das einer Aussonderungstendenz der allgemeinen Schule begegnet, gemeinsame soziale Lernprozesse Behinderter und Nichtbehinderter ermöglicht und den individuellen Möglichkeiten und Bedürfnissen behinderter Kinder und Jugendlicher entgegenkommt”. Zugleich betonte er: “Die dadurch zustande kommende gemeinsame Unterrichtung von behinderten und nicht behinderten Kindern bringt eine sonderpädagogische Verantwortung für die allgemeine Schule mit sich, die sie bisher nicht wahrzunehmen brauchte, weil es neben ihr die Sonderschule gab und noch gibt.” (Deutscher Bildungsrat 1973, S. 24).